Nationaler Radverkehrs-Kongress – 27., 28. April 2021

(29.04.2021) „Deutschland wird Fahrradland“. Wow, da hat sich unser (derzeitiger) Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aber mächtig aus dem Fenster gelehnt. Was nach seiner Vorstellung bis 2030 für den Radverkehr Gestalt annehmen soll, ist in jedem Fall anspruchsvoll. Schade, dass ich meine, berechtigte Zweifel anmelden zu können.

Nehmen wir nur drei der offensiv formulierten Ziele heraus, um meine Zweifel zu begründen.

  • Bei der Planung neuer Straßen sollen künftig begleitende Radwege obligatorisch mit vorgesehen werden
  • Pro Jahr sollen pro Bürger unserer Republik 30 € für die Förderung des Radverkehrs bereit gestellt werden
  • Bis 2030 sollen deutlich „mehr“ Radschnellverbindungen und insgesamt ein „lückenloses Radnetz“ entstehen

Fangen wir mit der Planung von Radwegen an. Der Bund, und damit Scheuers Ministerium ist nur für die Planung und den Unterhalt von Bundesstraßen zuständig. Das sind Fernverbindungsstrecken, deren Aus- und Neubau in der Regel langjährige Planungsprozesse zugrunde liegen. Es bleibt stark anzuzweifeln, ob bestehende Projekte kurzfristig angepasst werden, um der Zielsetzung des NRVP 3.0 gerecht zu werden.

Die in Rahmen der Finanzierungfrage genannten Zahlen mögen auf den ersten Blick vielversprechend aussehen. Aber wie sieht es konkret aus? Bis 2013 will der Bund also 1,45  Milliarden bereitstellen. Die Kennzahl 30 € pro Kopf pro Jahr bedeutet dagegen einen Finanzbedarf von 2,5 Milliarden, pro Jahr allerdings. Das heißt, von den 5,0 Mrd. für 2022/2023 trägt der Bund gem. BMVI 1,45 Mrd.; es bleibt also eine Lücke von rund 3,5 Mrd., die die Länder und die Kommunen schließen müssten. Mal ehrlich, angesichts der permanent leeren Kassen unserer Städte und Gemeinden, wie realistisch ist dieses Ansinnen?

Zum Thema „Radschnellverbindungen“ und „lückenloses Radwegenetz“ fällt mir ganz spontan als Beispiel der Radschnellweg Ruhr, kurz RS1 ein. Seit der Idee des RVR (Regionalverband Ruhr) und der Eröffnung eines ersten Teilabschnitts sind mittlerweise mehr als 10 Jahre vergangen. Man schaue sich einmal an, wie viele der rund 110 Kilometer von Duisburg bis Hamm in dieser Zeit befahrbar ausgebaut wurden. Das sind gerade einmal 11,5 % der Gesamtstrecke, und diese nicht einmal zusammenhängend. Das bisherige Ausbautempo zugrunde gelegt, wird es (optimistisch gerechnet) weitere 8 1/2 Jahre dauern, bis dieses Projekt tatsächlich realisiert sein wird. Vor dem Hintergrund scheinen mir Herrn Scheuers Versprechen bezüglich neuer Radschnellverbindungen unreflektiert und unrealistisch.

 

 

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